Erbsenrad rollt in Wadrill
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Den außergewöhnlichen Brauch des Laufs des Erbsenrades vom Perscherkopf ins Wadrilltal zu beobachten, ist ein besonderes Erlebnis am 1. Fastensonntag.
Veranstaltungsdetails
Den außergewöhnlichen Brauch des Laufs des Erbsenrades vom Perscherkopf ins Wadrilltal zu beobachten, ist ein besonderes Erlebnis am 1. Fastensonntag. Wenn das Feuer des Rades erloschen ist, geht es in die Wadrilltalhalle zum traditionellen Abschluss.
Wer das Wickeln und Binden des Erbsenrades erleben möchte, findet sich am Tag zuvor (Samstag, 17. Januar 24) um 10 Uhr an der Harteichhütte Wadrill ein (Zur Alm).
Am ersten Fastensonntag, wenn sich der Winter langsam seinem Ende zuneigt, rollt in Wadrill das Erbsenrad. Einst war dieser Brauch in unserer Region und in ganz Mitteleuropa weit verbreitet, erhalten hat er sich jedoch nur in sehr wenigen Dörfern. Das brennende Rad soll symbolisch die in der eisigen Kälte erstarrte, schlafende Natur aufwecken. In Wadrill zieht die Tradition alljährlich zahlreiche Schaulustige an.
Alles ist dunkel auf dem Perscher Berg, dem Hausberg des Hochwald-Dörfchens Wadrill bei Wadern. Nur die Sterne am Himmel und die kleinen Lichter unten im Tal leuchten. Es ist eine gewisse Anspannung spürbar, alle warten auf das große Spektakel. Und dann geht es los: Laut und kräftig erklingt das Lied „Großer Gott wir loben dich“. Zwei Kerzen werden entzündet und von beiden Seiten an ein Strohkreuz gehalten bis es Feuer fängt. Dann wird das Kreuz langsam auf ein großes Strohrad herabgesenkt und plötzlich steht auch dieses in Flammen. Ein Gänsehaut-Moment. Die Musik und die brennenden Symbole erzeugen eine mystische, bedeutungsschwere Atmosphäre. Vier kräftige Männer halten das Rad an den Naben, den seitlichen Eisenstangen, und setzen es vorsichtig in Bewegung. Unter ihrer Führung rollt es nun Richtung Tal, Flammen schlagend und Funken sprühend. Unten angekommen, senkt es sich zischend und rauchend in das Wasser der Wadrill.
Diesen „Lauf des Erbsenrades“ kann man jedes Jahr am „Erbsensonntag“, dem ersten Sonntag in der Fastenzeit, in Wadrill beobachten. Die schriftlichen Zeugnisse dazu reichen zurück bis etwa 1900, der Brauch jedoch ist sehr viel älter – er stammt noch aus vorchristlicher, das heißt gallogermanischer Zeit. Die Schriftzeugnisse belegen, dass das Rad in Wadrill seit über hundert Jahren regelmäßig rollte, nur in Kriegszeiten setzte man aus. Das heißt, der Brauch wurde hier nicht etwa wie so oft wiederbelebt, sondern hat eine durchgängige Tradition.
Einst war er in ganz Mitteleuropa weit verbreitet, in dieser oder ähnlicher Form. In einem alten englischen Gedicht heißt es: „Die Leute nahmen ein verfaultes, nicht mehr benutztes Rad, umwanden es ganz und gar mit Stroh und Werg und trugen es auf den Gipfel eines Berges. Wenn es dunkel geworden war, zündeten sie es an und ließen es den Berg hinunterrollen, ein merkwürdiges und ungeheures Schauspiel, man könnte meinen, die Sonne sei vom Himmel gefallen.“ Von einem Rad, das am vierten statt am ersten Fastensonntag in Eisenach in Thüringen zu Tal gerollt wurde, berichtet Sebastian Frank im 17. Jahrhundert in seinem „Weltenbuch“. Ähnliche Berichte aus dem 17. Jahrhundert gibt es aus Schwaben und der Pfalz. Seit dem späten 19. Jahrhundert verschwand der Brauch dann zusehends, mit am längsten hielt er sich noch im Trierer Land mit dem Hochwald und der Eifel. In den 1950er Jahren gab es ihn noch in einigen Dörfern im Hochwald, bis heute überlebt hat er nur in Wadrill.
Hier versammeln sich Jahr für Jahr mehr Schaulustige: Die Bewohner des Dorfes, aber zunehmend auch Besucher von außerhalb. Der Verein der Heimat- und Naturfreunde Wadrill richtet das Spektakel jedes Jahr aus, was stets einiges an Arbeit bedeutet – doch die ist ihnen das Rad wert. Denn den Vereinsmitgliedern ist es wichtig, dass der alte Brauch weiterlebt. Und natürlich genießen sie den großen Moment auch selbst immer wieder gerne.
Wer selbst dabei sein will, wenn das Erbsenrad in die Wadrill rollt, sollte sich am ersten Fastensonntag auf dem Perscher Berg einfinden. Los geht es um 19 Uhr. Weitere Infos: www.hnf-wadrill.de
Text: Anika Meyer
Den vollständigen Text lesen Sie im Magazin Sonah, Heft 7/Dez. 2018